01.02.2025 von Sabine Fischer
Ich begann mit meiner ersten Canon AE-1 zu fotografieren als ich etwa 13 Jahre alt war. Ich wusste damals nicht was Belichtung, Blende oder Brennweite ist. Damals machte ich Portraits von Freunden und fotografierte viel die Natur, Blumen und Pflanzen mit einem Canon 50mm 1.8er Objektiv. Ich achtete nur darauf, was mir mein Vater erklärt hat: Stell dieses Rädchen (Verschlusszeitrad) so ein, dass der Zeiger (Belichtungsmesser) immer in etwa in die Mitte zeigt. Hat funktioniert.
Auch heute in der digitalen Fotografie, fotografiere ich immer noch alles mit meinem Sigma 50mm 1.4 Objektiv. Ich muss wirklich nochmal deutlich festhalten: die 50mm Brennweite hat es mir schon immer sehr angetan. Unter anderem, da ein 50mm Objektiv in etwa dem menschlichen Auge am ähnlichsten ist (weniger verzerrte Perspektive, realistische Darstellung von Größenverhältnissen). Ganz besonders ist das für mich relevant in der Portraitfotografie.
Diese Kamera hat Generationen von Fotografen geprägt. 1976 von Canon in Japan auf den Markt gebracht, war sie eine der ersten Spiegelreflexkameras mit computergesteuerter Belichtungsmessung. Sie nutzt das FD-Bajonett für Wechselobjektive und 35mm Kleinbildfilm. 1981 kam die AE-1 Program auf den Markt – eine Version mit vollautomatischer Belichtungssteuerung. Viele Fotografinnen und Fotografen liebten sie, weil sie Technik und Bedienbarkeit perfekt kombinierte. Sie war erschwinglich, was sie neben den Zenit E Modellen zu einer der meistverkauften und meistproduzierten Spiegelreflexkameras weltweit machte. Auch mein Vater fotografierte in den 80ern mit der AE-1 einen Großteil meiner Frühkindheit. Die Kamera schenkte er mir später, wordurch ein wichtiger Grundbaustein für mich und die Fotografie gelegt wurde.
Die Canon AE-1 war die Kamera, die es Hobbyfotografen leicht machte, mit der analogen Fotografie zu starten. Durch ihre intuitive Bedienung und die automatische Belichtungssteuerung konnte man sich mehr auf das eigentliche Motiv konzentrieren. Sie ist der beste Beweis dafür, dass Analoge SLR Kameras auch nach Jahrzehnten noch relevant sind und meiner Ansicht nach auch in Zukunft weiterhin relevant sein werden – unter anderem als Pause von der digitalen Welt.
In den letzten 15 Jahren habe ich immer wieder mal auf Flohmärkten oder online weiltere ältere analoge Kameras entdeckt und mit ihnen fotografiert. Das wertvollste Stück ist für mich die Kiev 88 Mittelformatkamera. Ich liebe den Sucher in Hüfthöhe. Mit einem 80mm 2.8 Objektiv kann ich Fotos auf 120er Rollfilmen fotografieren. 80mm waren für mich anfangs sehr ungewohnt, da man weiter vom Objekt entfernt sein muss, als gewöhnlich bei 50mm, um dieselbe Nähe zu schaffen. Sie hat nebenbei wirklich ein sehr schickes Aussehen, kreiert dieses ganz besondere Retro-Feeling und macht verdammt viel Spaß beim fotografieren.
Ich nutze hauptsächlich Schwarzweiß Rollfilme von Ilford HP5 Plus. Die Filmentwicklung findet über ein spezielles Entwicklungslabor statt. Ich teste hierzu noch ein paar Anbieter, bevor ich konkrete Namen nenne.
Die Fotos von mir entstanden bei einem Selbstportrait Shooting mit Studiolicht 01/2025.
Die Kiev 88 ist eine dieser Kameras, die mich sofort in die Vergangenheit zurückversetzen. Gebaut wurde sie in den 1980er Jahren in Kiew, in der Ukraine und ist im Grunde die Antwort auf die Hasselblad 1600F. Daher auch ihr Spitzname: "russische Hasselblad" oder "Hasselbladski". Verschiedene Versionen kamen über die Jahre auf den Markt, darunter die Kiev 88CM, die mit einer verbesserten Bajonettfassung ausgestattet wurde. Es ist eine klassische Mittelformatkamera für 120er Rollfilme mit einem quadratischen 6x6-Bildformat. Mit der Kiev88 wurde Mittelformat für viele erschwinglicher.
Foto: © Sabine Fischer, Selbstportrait Januar 2025
Mit der Kiev 88 wurde Mittelformat plötzlich greifbarer – besonders für Fotografen, die sich keine Hasselblad leisten konnten oder wollten. Das System mit Wechselmagazinen, Mattscheiben und Suchern bot unzählige Möglichkeiten, kreativ zu werden. Natürlich hatte sie ihre Macken – nicht umsonst ist sie für ihren manchmal unzuverlässigen Verschluss bekannt. Trotzdem lieben viele Fotografen sie bis heute genau für ihren Charme und die fast schon nostalgische Art, mit ihr zu arbeiten. In Osteuropa war sie eine der beliebtesten Kameras für ambitionierte Hobbyfotografen und Profis gleichermaßen.
Die Entwicklung der Kiev 88 ist eng mit der Geschichte der sowjetischen Fotografie verbunden. Während westliche Fotografen mit teuren Hasselblads oder Rolleiflex-Kameras arbeiteten, stellte die Sowjetunion eine erschwingliche Alternative her, die technisch ähnlich aufgebaut war. Die Kamera wurde in großen Stückzahlen produziert und in viele sozialistische Staaten exportiert, wo sie professionelle Studio- und Reportagefotografie prägte.
Trotz ihrer technischen Eigenheiten – wie einem manchmal hakenden Verschluss und gelegentlichen Lichtlecks – wurde sie geschätzt, weil sie ein modulares System bot und mit hochwertigen Objektiven aus sowjetischer Produktion kombiniert werden konnte. Heute ist die Kiev 88 ein gesuchtes Sammlerstück und eine beliebte Kamera für experimentelle Fotografen, die den Charme und die Eigenheiten des Mittelformats entdecken wollen.
Analoge Fotografie prägt Fotografen meiner Erfahrung nach anders, als ohne damit in Berührung gekommen zu sein. Ich habe als Jugendliche durch Haptik und ausprobieren intuitiv viel über die Grundlegende Funktionaltiät von Kameras gelernt.
Wer zuerst mit einer analogen Kamera arbeitet, entwickelt meiner Meinung nach automatisch ein tieferes Verständnis für Licht, Belichtung und Bildkomposition. In der digitalen Fotografie sieht man sofort das Ergebnis und kann sich darauf verlassen, dass die Kamera vieles automatisch regelt. Bei Film ist das anders – hier muss man wirklich verstehen, was Blende, Verschlusszeit und ISO bewirken. Jeder Fehler kostet, weil Filme und Entwicklung nicht gerade günstig sind. Genau das führt aber dazu, dass man bewusster fotografiert, sich mehr Zeit für jede Aufnahme nimmt und ein besseres Gefühl für die Technik bekommt.
Auch der gesamte Prozess der analogen Fotografie ist langsamer und erfordert Geduld. Man kann nicht einfach hunderte Bilder schießen und später die besten aussortieren – jeder Druck auf den Auslöser ist eine bewusste Entscheidung. Das schärft den Blick für Motive, Lichtstimmungen und Bildaufbau.
Wer einmal mit Film gearbeitet hat, geht auch in der digitalen Fotografie viel gezielter vor und entwickelt mit der Zeit eine ganz eigene Handschrift. Genau deshalb ist es für jeden Fotografen wertvoll, zuerst analog zu fotografieren – es macht nicht nur kreativer, sondern lehrt auch den bewussten Umgang mit dem Medium.
Ich wünsche euch viel Inspiration!
Liebe Grüße, Sabine